Vivien Szczepanski (Psychologie, B.Sc. )
20.03.2025
Was sind Funktionelle Körperbeschwerden?
Was versteht man unter funktionellen Körperbeschwerden?
Definition und Erklärung
50% der Patienten in deutschen Hausarztpraxen haben funktionelle Körperbeschwerden. Bei ca. 20–30 % der Betroffenen kann man von einem chronischen Verlauf ausgehen (1). Patient*innen mit funktionellen Körperbeschwerden suchen aufgrund ihrer belastenden Symptome regelmäßig ärztliche Hilfe auf. Die Beschwerden schränken ihre Lebensqualität ein und wirken sich negativ auf den Alltag und das Wohlbefinden aus. Gleichzeitig können die wiederholten Arztbesuche sowie die umfangreichen Untersuchungen mit hohen Behandlungskosten verbunden sein (1) und die Patienten-Arzt-Beziehung beeinträchtigen (3).
Was bedeutet der Begriff “funktionell”?
Doch was genau versteht man unter diesem Begriff?
Funktionelle Körperbeschwerden sind grundsätzlich physische Beschwerden, für die keine hinreichende organische Ursache gefunden werden kann. Der Begriff „funktionell“ verweist darauf, dass die Beschwerden mit einer gestörten Funktion des betroffenen Organsystems zusammenhängen.
Was können Symptome von funktionellen Körperbeschwerden sein?
Diese Funktionsstörungen lassen sich jedoch nicht durch strukturelle oder organische Schäden erklären. Häufig überschneiden sich die Beschwerden (3) und können unter anderem anhaltende Müdigkeit, Schwindel oder Schmerzen an verschiedenen Stellen des Körpers umfassen. Häufige funktionelle Körperbeschwerden sind (6):
Kategorie | Symptome |
---|---|
Schmerzen | Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Rückenschmerzen, Muskelschmerzen |
Magen- und Darmprobleme | Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Durchfall, Verstopfung |
Kreislaufstörungen | Benommenheit, Herzrasen, Beklemmungsgefühle |
Allgemeine Erschöpfung | Müdigkeit, Konzentrationsprobleme |
Schwindel | Gefühl von Schwindel, Benommenheit |
Atembeschwerden | Atemnot, panikartige Anfälle, Hyperventilation |
Muskelverspannungen | Verkrampfungen, Muskelverspannungen |
Gefühlsstörungen | Kribbeln, Überempfindlichkeit, Taubheit |
Blasenbeschwerden | Starker Harndrang, Schmerzen beim Wasserlassen |
Zudem gehen die Beschwerden mit ausgeprägten Sorgen über die eigene Gesundheit einher (2). Im ICD-11 werden funktionelle Körperbeschwerden oder somatoforme Störungen häufig unter dem neuen Begriff „Bodily Distress Disorder“, auf Deutsch „Somatische Belastungsstörung“ zusammengefasst. Dabei liegt der Fokus bei der Diagnose weniger darauf, organische Ursachen auszuschließen, sondern vielmehr darauf, wie Stress und körperliche Beschwerden sich gegenseitig verstärken können. Psychische Belastungen im Alltag können körperliche Symptome auslösen, die durch anhaltendes Grübeln, Sorgen oder eine starke Fixierung auf die Symptome einhergehen und diese weiter verschlimmern können. Gleichzeitig erzeugen die Beschwerden selbst zusätzlichen Stress, wodurch ein Teufelskreis entsteht. Auch im DSM-5 wurde der Begriff der somatoformen Störungen durch die Bezeichnung Somatic Symptom Disorder (SSD) mit dem neuen Fokus ersetzt (4).
Folgende Diagnosekriterien werden für die Diagnose einer somatischen Belastungsstörung herangezogen (5):
Übermäßige Aufmerksamkeit für Beschwerden
anhaltende, ängstliche Selbstbeobachtung
exzessive Gedanken und Gefühle die Beschwerden betreffend
Gesundheitssorgen trotz Untersuchungen und Beruhigung durch Untersucher
Einschränkungen in der Lebensführung im Alltag Über mehrere Monate an den meisten Tagen / mindestens 6 Monate
Quellen:
(1) Fritzsche, K. (2020). Funktionelle Körperbeschwerden. In: Fritzsche, K., Wirsching, M. (eds) Basiswissen Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-61425-9_10
(2) Sattel, H., Schaefert, R., Häuser, W., Herrmann, M., Ronel, J., Henningsen, P., & Hausteiner-Wiehle, C. (2014). Umgang mit Patienten mit nicht-spezifischen, funktionellen und somatoformen Körperbeschwerden. DMW - Deutsche Medizinische Wochenschrift, 139(12), 602–607. doi:10.1055/s-0034-1369857
(3) Zimmermann, T., Kaduszkiewicz, H. Funktionelle Körperbeschwerden in der Hausarztpraxis. Z Allg Med 79, 219–222 (2003). https://doi.org/10.1007/BF03653227
(4) Hausteiner-Wiehle, C., Roenneberg, C., Sattel, H., & Henningsen, P. (2021). Funktionelle Körperbeschwerden in der ICD-11: Die Richtung stimmt, aber es gibt noch viel zu tun. Ärztliche Psychotherapie, 16(3), 156–162. https://doi.org/10.21706/aep-16-3-156
(5) Marek, A. Was bringt der neue Begriff somatische Belastungsstörung für Änderungen?. HNO Nachrichten 51, 42–49 (2021). https://doi.org/10.1007/s00060-021
(6) Funktionelle Körperbeschwerden: Behandlung | gesund.bund.de